„Heute morgen fuhr Samir zwei Frauen ins Krankenhaus. Ich wollte mitgehen. Eine ist im siebten Monat schwanger, mit dem dritten Baby. Die Andere hat ihr Baby letzte Woche verloren und ging zur Kontrolle beim Gynäkologen. Sie ist still, traurig…
Ich versuche mit ihr zu reden aber sie blockt ab. Hin und wieder kreuzen sich unsere Blicke. Leere. Bei der Untersuchung bin ich dabei. Der Arzt sagt, es sei die neunte Schwangerschaft und fünf Babys habe sie bereits verloren. Das letzte Baby im fünften Monat sei in ihrem Bauch gestorben. Sie möchten wissen warum. Etwas mit der der DNA stimmt nicht. Für eine ausführliche Untersuchung fehlt das Geld. Sie möchte weitere Kinder und der Arzt ist empört. Es sei zu gefährlich, sie könnte sterben. Sie weint.
„Ich werde noch ein Kind bekommen“ sagt sie. Der Arzt wir lauter, es sei unverantwortlich! Ich frage ihn nach Möglichkeiten. Vielleicht wäre eine Spirale das beste. „Ja“ , sagt der Arzt. Das ist die beste Lösung. Ich biete ihr an, die Spirale zu bezahlen. 100 Euro kostet es. „Nein, ich möchte noch Kinder haben.“
Ich erschrecke. Warum? Sie hat bereits 4 Kinder. Sie lebt in einem Zelt. Sie hat so viel durch gemacht. Warum möchte sie ihr Leben in Gefahr bringen? Ich stoße an meine Grenzen und werde nachdenklich. Was soll ich tun? Ich kann sie nicht einfach gehen lassen. Was wenn sie nochmal schwanger wird und stirbt?
Wir gehen raus, ich lege mein Arm um sie und sie lacht zum ersten mal. Verlegenheit, keine richtige Freude. Ich brauche jetzt einen Kaffee, sie möchte nichts. Ich bin stur und lasse nicht locker, sie nimmt ein Eis. Draußen schweigen wir uns an, ich trinke meinen Kaffee sie isst ihren Eis. Dann weint sie, nimmt ein Taschentuch und wischt die Tränen ab. Samir übersetzt meine Fragen, die sie auf andere Gedanken bringen sollen. Sie schweigt. Wir fahren zurück ins Camp. Unterwegs hält Samir an und kauft ihr eine Wassermelone. 15 min später steigt sie aus dem Auto und geht. Wortlos verschwindet sie zwischen den Zelten. Sofort informiere ich Isa. Er ist Psychologe im Camp und soll sie sofort besuchen. Ich kann nicht aufhören, an sie zu denken. Was tun, wenn man nichts tun kann? Wie soll ich ihr ein wenig Hoffnung geben wenn es keine Hoffnung gibt? Und noch eine Frage, die ich mir oft stelle, was passiert mit uns Volontären, wenn das ganze zu Ende geht? Zu viel Schmerz ist in uns.“
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