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Sehr eindrückliche – und bewegende – Bilder und ein ausführlicher Bericht von Hans Butze, unserem Volontär aus Idomeni. Tausend Dank Hans, dass du da warst um mitzuhelfen, das Leid dieser Menschen zu lindern!

Wir sind immer noch fassungslos, das so etwas gerade jetzt, im Jahr 2016, mitten in Europa möglich ist! Wir werden weiter tun was wir können und sind unendlich dankbar um alle, die uns dabei unterstützen!

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„Meine Reise zu einem anderen Europa.

Idomeni, Griechenland…ein Dorf mit nicht mal 500 Einwohnern. Ein Ort in der Europäischen Union. Eine Gemeinschaft, die sich Achtung der Menschenrechte auf die Fahne schreibt. Leider sind das Werte, die scheinbar nur auf dem Papier gelten. Denn hier in Idomeni zählt die Würde des Menschen nichts. Knapp 11’000 Menschen leben hier unter unwürdigen Bedingungen. Der grösste Teil sind Frauen und Kinder. Babys, die im Elend von Idomeni das Licht der Welt erblicken. Kinder die ihre Umwelt wahrzunehmen lernen, müssen im Dreck und Schlamm die Welt erkunden. Jugendliche, die in eine Schule gehören. Eine Generation wird hier gross, die von Europa nur auf Ablehnung stösst. Welche Konsequenzen daraus entstehen, muss man niemandem erzählen.

Ich schloss mich Borderfree an. Sie haben wie in Presevo auch hier wieder ein Zelt errichtet um die Versorgung der Menschen zu unterstützen. Es ist zur Mammutaufgabe geworden jeden Tag 3 Mahlzeiten und Hunderte Liter Tee auszugeben. Dank der tollen Unterstützung von Flüchtlingen und Volunteers kann hier Tag und Nacht der Betrieb gewährt werden. Es waren ganz besondere Persönlichkeiten, die ich kennenlernen durfte, es waren tolle Momente, Gerichte aus einer fernen Welt zuzubereiten. Und es waren auch tolle und lustige Momente dabei. Man bekommt innerhalb kürzester Zeit ein besonderes Gespür und nimmt kleine Momente der Freude besonders intensiv war. In einer Umgebung, die geprägt ist von Hoffnungslosigkeit, Trauer, Schmerz und auch Wut ist, saugt man das in sich auf.

Die ersten Tage waren fast schon unerträglich heiss. Der Bahnhof und das Feld bieten wenig Schatten und die Hygiene leidet noch mehr. Man kann jetzt nur erahnen, was uns zu erwarten hat, sollte das Camp in der jetzigen Form im Sommer noch immer bestehen. Samstag kamen zum Teil starke Unwetter. Der viele Regen verwandelte das Feld wieder in eine Schlammwüste. Jeder, der nur mal einen Tag bei Starkregen Zelten war, kann sich vielleicht annähernd vorstellen wie unmöglich es ist sein Zelt sauber zu halten. Kinder spielen im Schlamm mit Müll, den sie irgendwo finden. Mangels Spielzeug bleibt ihnen nichts anderes übrig. Dreck, Schmutz, Gestank und Krankheiten sind ein ständiger Begleiter in Idomeni. Der einfache Gang zur Toilette wird zur Qual. Es hat einfach zu wenig WC’s! Wenige Stellen an denen Wasser gezapft werden kann, fast keine Duschen und anstehen für alles. Egal wo und egal für was…stehen stehen stehen und dann die Unsicherheit reicht es noch für mich. Für mich als Helfer war es so unerträglich in die Gesichter schauen zu müssen und dann sagen zu müssen…it’s empty…it’s finished!

Ein Satz Stifte und Papier… einfache Dinge. Sie lösen eine unglaubliche Begeisterung bei den Kids aus. Alle setzen sich und sie bringen ihre Gedanken und Geschichten auf das Papier. So schonungslos ehrlich und so oft mit so viel Leid, welches dahinter steckt. Nicht vorzustellen, was diese Kinder erleben mussten.
Anschliessend haben wir dann noch zwei Tücher zusammen mit den Kindern gestaltet. Man merkt wie sehr die Kinder jegliche Aufmerksamkeit aufsaugen. Im Laufe der Zeit welche ich mich in Idomeni aufgehalten habe, wurde ich immer wieder von den Kindern geherzt.

In der freien Zeit, die mir zur Verfügung stand bin ich immer wieder durch das Camp gelaufen. Ich habe die Gespräche gesucht, denn eines habe ich aus Presevo gelernt… zuhören! Geschichten und erlebtes für mich nicht nachvollziehbar. Zu schwer fällt es einem, sich in diese Situation zu versetzten, wenn man aus solch einer heilen Welt kommt. Und immer wieder wirst du von den Menschen eingeladen. Du wirst nicht als Fremder, als anderer behandelt, sonder als Freund. Sie haben selber nichts und sie teilen das wenige was sie haben. Für mich schon fast unangenehm, da ich ja kam um was zu geben und sie teilen und laden dich ein.
Für mich der besonderste Moment der Reise, als ich zu Musik und Tee in ihr „Zuhause“ eingeladen wurde. Die Atmosphäre, die fernen Klänge und das Gefühl willkommen zu sein… das ist das was ich mein Leben nicht vergessen werde. Bei all dem Leid welches ich erleben musste.

Der Sonntag, ein Tag, der das ausdrückte was auch zu spüren war. Verzweiflung und Wut. Das gepaart mit Gerüchten und Unsicherheit führte wohl auch zu den schlimmen Bildern. Keiner kann sich vorstellen was diese Menschen fühlen und erleben. Europa zeigt sich von seiner schlimmsten Seite und will den Menschen ein klares Signal senden. Ein Signal der Ablehnung und der Abschottung. Und ich… ich hab das Privileg das ich meinen Pass vorzeige und nach einer kleinen Frage die Grenze zu Mazedonien passiere. Die Frage, warum mich dieses Dokument über das von 11.000 Menschen stellt, beschäftigt mich seit dem mehr den je.

Danke Borderfree das ich Teil von euch sein durfte und danke das ihr mir das Vertrauen entgegen gebracht habt. Danke auch an alle freiwillig und die Organisationen die wirklich tolle Arbeit leisten. Auch ein grosses Danke an Personen, die in Eigenregie sammeln und dann tolle Hilfe vor Ort leisten. So wie zwei tolle Frauen aus England, die für 2000€ einkauften und uns so mehrere Mahlzeiten sicherten. Danke, dass ihr da seid…

Hans Butze, Idomeni 04/2016″

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