Die grossen Hilfswerke lassen die Flüchtlinge im Regen stehen
– diese 9 privaten Schweizer Projekte leisten dafür tolle Arbeit
Die Berichte von Aktivisten und Journalisten vor Ort sind einhellig: Etablierte Hilfsorganisationen
sind auf der Balkanroute kaum präsent – auch jetzt nicht, wo es kälter wird. Private Helfer, auch
aus der Schweiz, gehen dafür an ihre Grenzen. (Original auf watson.ch)
Die Tage werden kälter, das Wetter wird schlechter – doch der Flüchtlingsstrom auf der Balkanroute nimmt nicht ab. Ein Grenzübergang nach dem anderen macht dicht, doch die Menschen lassen sich nicht von ihrem Weg nach Europa abbringen. Nachdem Ungarn seine Grenze komplett geschlossen hat, führt die Route nun durch Slowenien.
Trotz der widrigen Verhältnisse glänzen die grossen Hilfsorganisationen mit Abwesenheit. «Wir sind teilweise 40 Stunden am Stück im Einsatz und müssen den ganzen Menschenstrom organisatorisch regeln», berichtet eine Schweizer Helferin von der kroatisch-serbischen Grenze. «Wenn die freiwilligen Helfer nicht wären, gäbe es Tote», sagt Fabian Henzmann, der diese Woche von Hegyeshalom an der ungarisch-österreichischen Grenze zurückgekehrt ist.
Am Wochenende folgten weitere News, die daran zweifeln lassen, ob Spenden wirklich das bewirken, was man sich erhofft: Wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet, sammelte die Glückskette 24 Millionen Franken für die Flüchtlinge – wovon gerade mal zehn Prozent für die Soforthilfe an der Balkanroute eingesetzt wurden.
In der Schweiz gibt es mehrere unbürokratische Aktionen aus der Bevölkerung, die Soforthilfe leisten und koordinieren. Wir stellen neun Projekte vor:
1 – Tsüri hilft
Im Namen der Aktion «Tsüri hilft!» war vergangene Woche ein Konvoi aus 27 Fahrzeugen und rund 100 Helfern aus der Schweiz nach Ungarn unterwegs, um Hilfsgüter zu transportieren und vor Ort Soforthilfe für Flüchtlinge zu leisten. «Tsüri hilft!» ist eines der grössten Netzwerke aus freiwilligen Helferinnen und Helfern aus der Schweiz.
Anfang September startete die Schweizerin Selma Kuyas zusammen mit Anja Dräger auf Facebook einen Aufruf – sie wollte einen Hilfstransport organisieren. Nachdem sich mehrere Leute meldeten, eröffnete sie die Facebook-Gruppe «Tsüri hilft!» Mittlerweile hat diese schon 4000 Mitglieder. «Wir sind jetzt bei der Nachbearbeitung unseres Einsatzes», sagt Kuyas auf Anfrage. Weitere Einsätze sollen folgen.
So helfe ich
«Tsüri hilft!» ist ein loses Netzwerk aus Aktivisten und hat kein Spendenkonto. Die Aktivisten sind jedoch immer auf der Suche nach neuen Helfern – auch Sachspenden werden gerne entgegengenommen.
Weitere Infos gibt es auf der Facebook-Seite.
2 – Rastplatz
Die vier jungen Basler sind seit zwei Wochen in Preševo an der serbisch-mazedonischen Grenze und kochen für die ankommenden Flüchtlinge. Sie haben schon Tausende Portionen Makuble zubereitet, ein syrisches Gericht mit Reis und Gemüse. «Wir wollen die Ankömmlinge willkommen heissen und ihnen ein Gefühl von Heimat geben», sagt Joel Sames von der Aktion Rastplatz.
Sames fühlt sich, wie viele andere, im Stich gelassen. «Wir übernehmen hier grundlegende Aufgaben, die eigentlich gar nicht unsere sein sollten. Wir fordern von den Behörden und Organisationen, dass sie ihrem Auftrag nachkommen.» Die Gruppe bleibt noch eine weitere Woche, dann geht es erst einmal zurück in die Schweiz. Damit ist es aber noch nicht vorbei mit Rastplatz. «Wir wollen wiederkommen», so Sames.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite Rastplatz oder auf der Webseite www.rast-platz.ch.
Auf der Crowdfunding-Plattform betterplace.org kann man das Projekt finanziell unterstützen.
3 – Open Eyes Balkanroute
Die 15 Aktivisten aus dem Raum Bern setzen zwar auf Soforthilfe, wollen jedoch im Balkan auch eine etwas permanentere Infrastruktur installieren, die die Arbeit erleichtert. «Wir haben einen 3,5-Tönner aufgetrieben, den wir in eine mobile Hilfsstation verwandeln wollen», sagt Jannik Böhm, einer der Sprecher von «Open Eyes Balkanroute», im Gespräch. «So können wir mit Helfern eine Art Schichtbetrieb starten.»
Eigentlich reiste die Gruppe im September im Rahmen einer europaweiten politischen Aktion in den Balkan: der «Open Borders Carawan». Es hätte einen symbolischen Grenzübertritt geben sollen. Dazu kam es aber nicht, und die Berner sahen, dass humanitäre Hilfe dringend nötig ist.
«Wir dachten erst, das ist nicht unsere Aufgabe, andere können das besser», so Böhm. «Und das glaube ich noch immer. Aber die grossen Hilfswerke leisten einfach zu wenig. Wir hatten eigentlich keine andere Wahl.»
Ein weiteres Ziel von «Open Eyes Balkanroute» ist es, sich mit anderen privaten Hilfsaktionen zu vernetzen und die Hilfe möglichst effizient zu organisieren. «Wir möchten eine Anlaufstelle für Leute werden, die sich engagieren wollen und nicht genau wissen, was sie tun sollen», erzählt Böhm. Der nächste Konvoi startet am kommenden Wochenende.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite «Open Eyes Balkanroute» und auf der Website www.balkanroute.eu.
Spendenkonto:
Antirassistische Perspektive
Postfach
3001 Bern
PC 60-161696-8
Vermerk: «Internationale Solidarität»
4 – Kinder auf der Flucht
Bei ihrem freiwilligen Einsatz Anfang September in Vámosszabadi an der österreichisch-ungarischen Grenze sahen der Schweizer Fabian Henzmann und seine Freundin, wie sehr Kleinkinder und Säuglinge leiden. Er beschloss, seine Kräfte zu konzentrieren und rief die Facebook-Gruppe «Kinder auf der Flucht» ins Leben – heute hat die Gruppe 1’500 Mitglieder.
Vergangene Woche brach ein Konvoi aus vier Fahrzeugen und acht Helfern nach Hegyeshalom in Ungarn auf. Dort richteten sie sich in einem Zelt der Aktion «Tsüri hilft!» ein, das vor allem als Wickelstation für Kleinkinder diente. Ausserdem organisierten sie Kinder- und Baby-Medikamente im Wert von mehreren tausend Franken, die sie den Ärzten vor Ort zukommen liessen.
Für Anfang November ist ein weiterer Konvoi geplant. «Diesmal haben wir eine Kinderkrankenpflegerin dabei, wir sind also noch besser vorbereitet», sagt Henzmann.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite Kinder auf der Flucht.
Spendenkonto:
IBAN: CH22 0077 8152 6977 1200 7
Bank: Luzerner Kantonalbank / Clearing: 778
Konto: 60-41-2
Vermerk: «Kinder auf der Flucht»
Begünstigter: Fabian Henzmann, 8050 Zürich
5 – Ceriba
Der Verein CERIBA startete in Bern als Initiative für Soforthilfe für Flüchtlinge und hat sich mittlerweile zu einem landesweiten Projekt ausgeweitet. In der ganzen Schweiz hat CERIBA sechs Sammelstellen für Hilfsgüter.
In den vergangenen zwei Wochen hat das Team vier Tonnen an warmer Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel sowie 2000 Franken an Spendengeldern gesammelt und ist jetzt unterwegs nach Botowo, um dort Hilfe zu Leisten. Momentan sind es 12 Leute, aber es werden in den nächsten Tagen 25 weitere dazukommen, unter anderem zwei Ärzte.
Der Initiant Sash Wegmüller plant, zwei Monate auf der Balkanroute zu verbringen und zu helfen. «Wir machen weiter, so lange es nötig ist», sagt Wegmüller. «Ich spiele sogar mit dem Gedanken, meinen Job vorübergehend aufzugeben und mich im Winter voll auf die Freiwilligenarbeit zu konzentrieren.»
Die grossen Hilfswerke lassen die Flüchtlinge im Regen stehen
– diese 9 privaten Schweizer Projekte leisten dafür tolle Arbeit
Die Berichte von Aktivisten und Journalisten vor Ort sind einhellig: Etablierte Hilfsorganisationen
sind auf der Balkanroute kaum präsent – auch jetzt nicht, wo es kälter wird. Private Helfer, auch
aus der Schweiz, gehen dafür an ihre Grenzen. (original at watson.ch)
Die Tage werden kälter, das Wetter wird schlechter – doch der Flüchtlingsstrom auf der Balkanroute nimmt nicht ab. Ein Grenzübergang nach dem anderen macht dicht, doch die Menschen lassen sich nicht von ihrem Weg nach Europa abbringen. Nachdem Ungarn seine Grenze komplett geschlossen hat, führt die Route nun durch Slowenien.
Trotz der widrigen Verhältnisse glänzen die grossen Hilfsorganisationen mit Abwesenheit. «Wir sind teilweise 40 Stunden am Stück im Einsatz und müssen den ganzen Menschenstrom organisatorisch regeln», berichtet eine Schweizer Helferin von der kroatisch-serbischen Grenze. «Wenn die freiwilligen Helfer nicht wären, gäbe es Tote», sagt Fabian Henzmann, der diese Woche von Hegyeshalom an der ungarisch-österreichischen Grenze zurückgekehrt ist.
Am Wochenende folgten weitere News, die daran zweifeln lassen, ob Spenden wirklich das bewirken, was man sich erhofft: Wie die «Schweiz am Sonntag» berichtet, sammelte die Glückskette 24 Millionen Franken für die Flüchtlinge – wovon gerade mal zehn Prozent für die Soforthilfe an der Balkanroute eingesetzt wurden.
In der Schweiz gibt es mehrere unbürokratische Aktionen aus der Bevölkerung, die Soforthilfe leisten und koordinieren. Wir stellen neun Projekte vor:
1 – Tsüri hilft
Im Namen der Aktion «Tsüri hilft!» war vergangene Woche ein Konvoi aus 27 Fahrzeugen und rund 100 Helfern aus der Schweiz nach Ungarn unterwegs, um Hilfsgüter zu transportieren und vor Ort Soforthilfe für Flüchtlinge zu leisten. «Tsüri hilft!» ist eines der grössten Netzwerke aus freiwilligen Helferinnen und Helfern aus der Schweiz.
Anfang September startete die Schweizerin Selma Kuyas zusammen mit Anja Dräger auf Facebook einen Aufruf – sie wollte einen Hilfstransport organisieren. Nachdem sich mehrere Leute meldeten, eröffnete sie die Facebook-Gruppe «Tsüri hilft!» Mittlerweile hat diese schon 4000 Mitglieder. «Wir sind jetzt bei der Nachbearbeitung unseres Einsatzes», sagt Kuyas auf Anfrage. Weitere Einsätze sollen folgen.
So helfe ich
«Tsüri hilft!» ist ein loses Netzwerk aus Aktivisten und hat kein Spendenkonto. Die Aktivisten sind jedoch immer auf der Suche nach neuen Helfern – auch Sachspenden werden gerne entgegengenommen.
Weitere Infos gibt es auf der Facebook-Seite.
2 – Rastplatz
Die vier jungen Basler sind seit zwei Wochen in Preševo an der serbisch-mazedonischen Grenze und kochen für die ankommenden Flüchtlinge. Sie haben schon Tausende Portionen Makuble zubereitet, ein syrisches Gericht mit Reis und Gemüse. «Wir wollen die Ankömmlinge willkommen heissen und ihnen ein Gefühl von Heimat geben», sagt Joel Sames von der Aktion Rastplatz.
Sames fühlt sich, wie viele andere, im Stich gelassen. «Wir übernehmen hier grundlegende Aufgaben, die eigentlich gar nicht unsere sein sollten. Wir fordern von den Behörden und Organisationen, dass sie ihrem Auftrag nachkommen.» Die Gruppe bleibt noch eine weitere Woche, dann geht es erst einmal zurück in die Schweiz. Damit ist es aber noch nicht vorbei mit Rastplatz. «Wir wollen wiederkommen», so Sames.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite Rastplatz oder auf der Webseite www.rast-platz.ch.
Auf der Crowdfunding-Plattform betterplace.org kann man das Projekt finanziell unterstützen.
3 – Open Eyes Balkanroute
Die 15 Aktivisten aus dem Raum Bern setzen zwar auf Soforthilfe, wollen jedoch im Balkan auch eine etwas permanentere Infrastruktur installieren, die die Arbeit erleichtert. «Wir haben einen 3,5-Tönner aufgetrieben, den wir in eine mobile Hilfsstation verwandeln wollen», sagt Jannik Böhm, einer der Sprecher von «Open Eyes Balkanroute», im Gespräch. «So können wir mit Helfern eine Art Schichtbetrieb starten.»
Eigentlich reiste die Gruppe im September im Rahmen einer europaweiten politischen Aktion in den Balkan: der «Open Borders Carawan». Es hätte einen symbolischen Grenzübertritt geben sollen. Dazu kam es aber nicht, und die Berner sahen, dass humanitäre Hilfe dringend nötig ist.
«Wir dachten erst, das ist nicht unsere Aufgabe, andere können das besser», so Böhm. «Und das glaube ich noch immer. Aber die grossen Hilfswerke leisten einfach zu wenig. Wir hatten eigentlich keine andere Wahl.»
Ein weiteres Ziel von «Open Eyes Balkanroute» ist es, sich mit anderen privaten Hilfsaktionen zu vernetzen und die Hilfe möglichst effizient zu organisieren. «Wir möchten eine Anlaufstelle für Leute werden, die sich engagieren wollen und nicht genau wissen, was sie tun sollen», erzählt Böhm. Der nächste Konvoi startet am kommenden Wochenende.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite «Open Eyes Balkanroute» und auf der Website www.balkanroute.eu.
Spendenkonto:
Antirassistische Perspektive
Postfach
3001 Bern
PC 60-161696-8
Vermerk: «Internationale Solidarität»
4 – Kinder auf der Flucht
Bei ihrem freiwilligen Einsatz Anfang September in Vámosszabadi an der österreichisch-ungarischen Grenze sahen der Schweizer Fabian Henzmann und seine Freundin, wie sehr Kleinkinder und Säuglinge leiden. Er beschloss, seine Kräfte zu konzentrieren und rief die Facebook-Gruppe «Kinder auf der Flucht» ins Leben – heute hat die Gruppe 1’500 Mitglieder.
Vergangene Woche brach ein Konvoi aus vier Fahrzeugen und acht Helfern nach Hegyeshalom in Ungarn auf. Dort richteten sie sich in einem Zelt der Aktion «Tsüri hilft!» ein, das vor allem als Wickelstation für Kleinkinder diente. Ausserdem organisierten sie Kinder- und Baby-Medikamente im Wert von mehreren tausend Franken, die sie den Ärzten vor Ort zukommen liessen.
Für Anfang November ist ein weiterer Konvoi geplant. «Diesmal haben wir eine Kinderkrankenpflegerin dabei, wir sind also noch besser vorbereitet», sagt Henzmann.
So helfe ich
Informationen zum Projekt gibt es auf der Facebook-Seite Kinder auf der Flucht.
Spendenkonto:
IBAN: CH22 0077 8152 6977 1200 7
Bank: Luzerner Kantonalbank / Clearing: 778
Konto: 60-41-2
Vermerk: «Kinder auf der Flucht»
Begünstigter: Fabian Henzmann, 8050 Zürich
5 – Ceriba
Der Verein CERIBA startete in Bern als Initiative für Soforthilfe für Flüchtlinge und hat sich mittlerweile zu einem landesweiten Projekt ausgeweitet. In der ganzen Schweiz hat CERIBA sechs Sammelstellen für Hilfsgüter.
In den vergangenen zwei Wochen hat das Team vier Tonnen an warmer Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel sowie 2000 Franken an Spendengeldern gesammelt und ist jetzt unterwegs nach Botowo, um dort Hilfe zu Leisten. Momentan sind es 12 Leute, aber es werden in den nächsten Tagen 25 weitere dazukommen, unter anderem zwei Ärzte.
Der Initiant Sash Wegmüller plant, zwei Monate auf der Balkanroute zu verbringen und zu helfen. «Wir machen weiter, so lange es nötig ist», sagt Wegmüller. «Ich spiele sogar mit dem Gedanken, meinen Job vorübergehend aufzugeben und mich im Winter voll auf die Freiwilligenarbeit zu konzentrieren.»
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